Mit Selig gastierte 2014 ein echter Garant der deutschen Musiklandschaft im Schlachthof in Wiesbaden. Vor über 20 Jahren veröffentlichte die Band um Jan Plewka ihr Debüt.

1994 sprießt also in kürzester Zeit eine Band aus dem Boden, die mit ihrer Authentizität nachhaltig das Genre des deutschen Rock und Pop prägt, verändert, beispielhaft beeinflusst. Der plötzliche Erfolg sorgt jedoch nicht nur für positive Stimmen und gerade in der Hamburger Schule stoßen Selig mit ihrem gleichnamigen Erstlingswerk auf Kritik. Wie kann das sein, dass eine so junge Band, die ihre Gründung gerade erst hinter sich hatte, an die Speerspitze durchmarschiert?

Die größten Hits in neuem Gewand

Die Antwort auf diese Frage erklärt sich von selbst, wenn man die Diskographie von Selig betrachtet. Dass sie zum 20-jährigen Jubiläum ein Best of herausbringen, ist obligatorisch. Dass sie ihre „Besten“ noch einmal neu aufgenommen haben, nicht. So schaffen es die drei Hamburger Jungs, ihre einschlägigen Stücke in einem neuen Gewand zu vertonen. Es eröffnet sich eine Perspektive, die der Tiefgründigkeit der Titel enorm schmeichelt. Noch immer kann man in den Songs versinken, komplett eintauchen in die Seele einer Band, die nach über zwei Jahrzehnten Existenz – die Trennungsjahre ausgenommen – nichts verlernt hat.

Eine tobende Menge im Schlachthof

Der Schlachthof ist gut besucht und beim Eintreten wird man der harmonischen und friedlichen Stimmung gewahr, die bei den langjährigen Anhängern des Vierers herrscht. Es knistert in der Luft, denn diese Band ist ein Diamant in dem Sumpf der kontemporären Musikwelt. So genügt es auch, dass Selig ohne Vorband auf Tour sind. Die Combo steht für sich ganz allein. Der Opener reißt die eingefleischten Fans direkt mit, denn es ist der erste Titel des ersten Albums: „Sie hat geschrien“.

Sofort hört man die Massen singen, als wäre es wieder 1994: „Was willst du von mir?“ Der Text sitzt und Selig sind außerordentlich gut drauf. Beharrlich arbeitet sich die Band mit einer ungemeinen Spielfreude durch ein Repertoire, das wirklich alle Hits umfasst. Für den druckvollen Sound, den sie lediglich mit vier Bandmitgliedern produzieren, gebührt ihnen ein Kniefall. Die Menge ist außer Rand und Band und letzten Endes lässt sich die Formation zu sage und schreibe vier Zugaben hinreißen. Da bleibt die Hoffnung, dass eine erneute Trennung in weite Ferne rückt.