Der 21. März ist Tag der Poesie! Da kommen einem vermutlich erst einmal die großen Dichter und Denker der Vergangenheit in den Kopf: Goethe, Schiller, Shakespeare und Co. Doch manchmal braucht es gar keine Zeitreise und erst recht keinen klassischen Autor, um wirklich gute Geschichtenerzählerinnen und -erzähler zu finden. Wir haben unsere Lieblingssongs von einer Handvoll Sängerinnen und Sänger gesammelt, die ein astreines Storytelling haben. Wahre Songpoetinnen und -poeten gibt es also auch! 

Giant Rooks – Pink Skies

„Late June, midsummer. ’60s playin‘ on the radio“

„Ende Juni, Hochsommer, 60er spielen im Radio.“ Mit der ersten Line ihres Songs machen Giant Rooks prompt ein Setting auf und schmeißen uns als Hörerinnen und Hörer mitten ins Geschehen. Zwischen Pinienbäumen, Sonnenblumen und unter Pink Skies singt Frontmann Fred davon, wie er (oder eben der main character des Songs) an einem lauen Sommerabend dieser einen Person begegnet: Länger auf der Party bleiben, um sich näherzukommen, eine Zigarette teilen und der Sonne beim Aufgehen zuschauen. Für den Moment so leben, „Like it’s 1962.“

Untermalt wird die verträumte Atmosphäre von den gewohnt locker-leichten Indie-Klängen der Band, die die Stimmung perfekt vermitteln und gute Laune machen. Doch der Morgen rückt mit dem Ende der zweiten Strophe näher und der Moment droht zu verfliegen. Denn was passiert danach? Die Frage stellt sich Giant Rooks in der Bridge und dem Outro dann auch: „All I really know, I don’t wanna be alone, could you make me feel at home?“ (Alles was ich weiß ist, dass ich nicht alleine sein will, kannst du mir das Gefühl von Zuhause geben?).

Anaïs – Stephen King

Wenn schon eine gute Geschichte erzählt werden soll, warum sich nicht gleich bei eines begnadeten, weltbekannten Autors bedienen? Das hat sich Anaïs wohl auch gedacht, denn ein Track auf ihrem neusten Album „Wasting My Nights“ trägt unverblümt den Namen „Stephen King“. Und genauso makaber und Gänsehaut-bringend wie seine Romane ist auch der Text, wenn man mal genauer hinhört. Was gar nicht so einfach ist, denn der Song hat – besonders im Refrain – einen ziemlich eingängigen Beat, der erstmal den Fokus auf sich lenkt. Da merkt man dann vielleicht auch erst beim zweiten Hören, dass der Charakter des Songs von etwas erzählt, das sich ein bisschen wie das Stockholmsyndrom anhört:

„I feel less alone when someone’s lurkin‘ in my backyard. Freezin‘ to death, he threatens me to burn my head off. I’m kind of into it, beautifully intimate.“

„Ich fühle mich weniger allein, wenn jemand in meinem Hinterhof lauert. Er friert sich zu Tode und droht, mir den Kopf abzubrennen. Ich stehe irgendwie drauf, schön intim.“ So singt Anaïs in der ersten Strophe. Und so geht es auch im Rest des Songs weiter. Ein Date im Irrenhaus, mit dem Auto gegen einen Baum crashen und ein bisschen Gewürgt-werden sind alles dunkle Fantasien, die hier durchlebt werden. Eins wird dabei aber ganz deutlich gemacht: „You’re the actor, I am Stephen King“ (du bist der Schauspieler, ich bin Stephen King). Fantasie ist also immer noch Fantasie und über alles, was hier imaginiert wird, hat der Erzähler oder die Erzählerin des Songs immer noch die Handlungsmacht. Eben ganz so wie Stephen King bei seinen Horrorgeschichten.

JEREMIAS – Ich bin da für dich 

Der Aufstieg kam nach ihrem ersten Album 2021 ziemlich raketenhaft für die vierköpfige Band aus Hannover – vielleicht zu schnell. Die Ups and Downs des Erfolgs behandelt JEREMIAS im neuesten Album „Von Wind und Anonymität“. Besonders ein Track gibt einen sehr intimen Einblick in die emotionale und psychische Lage des Adressaten. „Ich bin da für dich“ ist wie ein Brief von Sänger Jeremias an seinen Freund und Gitarristen Oli:

„Ich weiß, hier oben ist es laut und viel zu hell für dich. So viele Augen schauen gierig auf dein scheues Ich. Wollte nur sagen, halt ein letztes Mal noch durch für mich, ich bin da für dich.“

Es ist eine Antwort und ein Verständnis-entgegenbringen an Oli, den die ganzen Veränderungen, die der Ruhm mit sich bringt, zum Wanken gebracht haben. In Strophe Zwei zeigt sich der Sänger dann selbst verletzlich und gesteht: „Auch wenn dich alle fragen, was du fühlst, du schaust mich an, ich fühl‘ das auch.“ Die JEREMIAS-typische, eklatante Baseline steigert sich am Ende zum Post-Refrain hin in ein Gitarrensolo, was wiederum wie eine Antwort von Oli wirkt: Er hält durch.

Kaffkiez – Mitte 20

„Ich bin Mitte zwanzig, meine Freunde sind das auch. Ich bau‘ mir ’nen Johnny, meine Freunde bauen ein Haus.“

Für alle die sich jetzt fragen: Ja, ein Johnny ist ein Joint. Und Ja, das eigene Leben mit Mitte zwanzig ist verglichen mit anderen Gleichaltrigen manchmal ein Unterschied wie Tag und Nacht. Kaffkiez macht das einmal ganz deutlich. Während die einen mit der Erziehung ihrer Kinder beschäftigt sind und die Mutter von Enkelkindern träumt, ist das für andere – wie den Erzähler des Songs – dann doch eher ein Albtraum. Mit veralteten Denkweisen, dass es ja problematisch sein könnte, so ganz ohne Zukunftsperspektive und Familiengründung, wird dann relativ fix im Refrain abgerechnet. Denn wer hat jemals behauptet, dass es nicht auch anders geht?

„Ich bin glücklich, auch wenn’s mir seit Jahren keiner glaubt. Trink auf dich und dein neugebautes Haus.“

Malerisch (und auch ein bisschen in Weltuntergangs-Perspektive) gesteht der Erzähler des Songs in Strophe zwei, dass er sich seit Jahren mit seiner Zukunft im Kreis dreht, die ungefähr so sicher ist wie Schollen auf’m Eis. Das Ende gibt dann nochmal einen Einblick in das, was werden könnte. Vielleicht doch mit grauen Haaren und tobenden Kindern im Garten, wer weiß. Was dabei aber wichtig ist: Den Weg dahin schafft man auch alleine, ohne Kommentare von allen Seiten.

Interesse bekommen? Keine Sorge. All diese Artists kannst du dieses Jahr noch live erleben. Falls du gerne noch mehr Einblicke in einzelne Songs bekommen möchtest, dann ist unsere „The Story behind the Song“-Reihe was Feines. Im INSIGHTS warten außerdem noch viele weitere Artikel zu interessanten Themen rund um Konzerte, Comedy und anstehende Events auf dich. Natürlich kannst du dich auch gleich im ADticket-Shop umschauen. Folge uns gerne auf Instagram und Facebook, dort erfährst du die wichtigsten Infos und Ankündigungen immer als erstes.