Die Vinylplatte feiert ihr Comeback, Blink 182 geht 2023 auf Reunion-Tour und auf einmal stehen die „Greatest Hits“-Alben von legendären Bands auf dem Release Radar. Nostalgie und vertraute Klänge prägen den derzeitigen Musiktrend, der sich seit geraumer Zeit am Horizont bemerkbar macht: Retromania. Künstlerinnen und Künstler wie auch Bands finden nicht nur Inspiration in den Geschichten und Sounds der vergangenen Jahrzehnte, sie übernehmen sie sogleich und integrieren sie in ihre eigenen Werke oder versuchen, den Originalklang nachzubilden – wie auch Apache 207 und Dua Lipa, die neuen Vorreiter des 80er-Jahre-Synthiepops. Was bedeutet das für die Musikszene? Versiegt langsam die Inspirationsquelle oder steckt mehr hinter dem Wunsch nach Nostalgie und Vertrautheit?

Sampling-Kultur: Meine Musik ist deine Musik, deine Musik ist meine Musik

Die gängigste Methode, um aus alten Songs und Sounds neue Werke entstehen zu lassen, ist das Sampling. Hier werden bereits fertige Ton- oder Musikaufnahmen, manchmal sogar auch nur einzelne Töne oder Geräusche einem neuen Song hinzugefügt. Wichtig dabei ist, darauf zu achten, dass die recycelten Ton- oder Musikaufnahmen in einen neuen musikalischen Kontext gesetzt werden, andernfalls können fiese Rechtsstreitigkeiten drohen. Das Sampling ist keine neue Methode, ganz im Gegenteil: Die ursprüngliche Idee stammt aus den 60er-Jahren. Nach dem Prinzip eines Aufnahmegerätes entstand das sogenannte „Mellotron“. Zu Beginn galt diese Methode noch als rüder Diebstahl, bis sich in den 70er-Jahren die Jazz-, Soul- und Funk-Szene ihrer annahm. Seither hat die Technologie und die Technik des Samplings mit der Digitalisierung eine enorme Entwicklung hinter sich und kann nun eigentlich von allen mit Internetanschluss angewandt werden. 

Heute wird das Sampling in verschiedenen Genres praktiziert, von Pop bis hin zu Rock, Elektronik und mehr. Aber auch im Rap ist das Sampling mittlerweile gang und gäbe. So findet man zum Beispiel in Sidos letztem Album „PAUL“ beim Track „Liebst du Mich“ im Refrain ganz klar den Song „Do You Love Me“ von The Contours wieder. Auch bei Kontra K’s „Adrenalin“ klingt die kreative Anwendung von „Pippi Langstrumpf“ von Rosy Teen durch. Ein bisschen versteckter gehts bei Disarstars „Alles Was Wir Kenn“ zu. Er verwebt gekonnt und etwas versteckt die friedliche Melodie von Enyas „BOADICEA“ in die Baseline seines Songs. Falls du die deutschen Rap-Stars und ihr gekonntes Sampling live erleben willst, bekommst du bei uns noch Tickets zu Sido und Kontra K

Diebstahl oder musikalisches Zitieren? 

Die Retromanie ist das heiße Eisen im Diskurs der Musikszene. Ist das Wiederkäuen alter Songs ein Vorbote für den Untergang von Originalität und Kreativität oder ist das Wiederverwenden von älterer Musik ein Schutzschild vor der fortschreitenden Nischen-Musik und eine Hommage an die Kunst, die sie inspiriert hat? Vielleicht schafft das Sampling einen wunderbaren Spagat zwischen beiden. Letztendlich folgt es dem Prinzip des Spickzettels: Ein verrufener Versuch, sich mit unlauteren Mitteln einen unfairen Vorteil zu verschaffen. Aus dem Wunsch geboren, schneller ans Ziel zu gelangen, befasst man sich letztendlich doch intensiv mit dem Stoff vor sich. Von blindem Diebstahl kann hier also selten die Rede sein, da sich ausgiebig mit den „geklauten“ Tönen, Melodien und Songs auseinandergesetzt werden muss, um diese gekonnt in ein neues Werk integrieren zu können.

Ein sehr spannendes Thema, das sicher viel Aufmerksamkeit verdient hat und wir wollen hören, was du dazu denkst! Folge uns und lass einen Kommentar auf unseren Facebook und Instagram-Kanälen da. Oder falls du lieber klare Grenzen bei deinen Mash-ups bevorzugst, lies dir unseren Genremix-Artikel über die coolsten Features durch.